Von Kristian Stemmler
Just in time. Pünktlich auf die Minute enterte Truck Stop die Jesteburger Naturbühne zwischen Freibad und neuem Schützenhaus. Just in time war auch das Wetter. Eben hatte es noch aus dunklen Wolken geregnet – als die Cowboys von der Waterkant nach ihren Instrumenten griffen, blieb den Wolken die Spucke weg. Es hörte auf zu regnen und die Wolkendecke riss auf, ziemlich genau über der kleinen Bühne, auf der die sechs Musiker ohne Umstände loslegten. Das Publikum war ebenso pünktlich zur Stelle, ging schon bei den ersten Songs voll mit.
Trotz der dunklen Wolken und des auffrischenden Windes war der Auftritt der erfolgreichsten deutschen Countryband am Freitagabend im idyllischen Jesteburg wieder ein Erlebnis der besonderen Art, glich oft eher einem Happening als einem Konzert. Kinder spielten vor der Bühne, es wurde getanzt und geklatscht, es gab frisch gezapftes Bier, Weißwein und Caipirinha, Würstchen vom Grill, niemand musste darben. Aber vor allem gab es richtig was auf die Ohren.
Die sechs Musiker ließen nichts anbrennen und spielten einen Klassiker nach dem anderen, aber auch Neueres, weniger Bekanntes. „Ich möcht so gern Dave Dudley hören“ aus der Anfangzeit in den 70ern durfte natürlich ebenso wenig fehlen wie „Männer sind so“, „Take it easy altes Haus“ oder die Erkennungsmelodie vom Großstadtrevier, die nun wirklich jeder mitsummen oder -singen kann. „Wenn der Schutzmann ums Eck kommt…“
Zum Schutz vor dem Regen waren gekonnt Zeltplanen so gespannt worden, dass sie quasi ein durchgehendes Dach bildeten und sich die Zuhörer darunter sicher auf alle Arten von Sitzgelegenheiten niederlassen konnten, vom Liegestuhl bis zum Klapphocker. Sehr erfreulich: Viele körperlich oder geistig beeinträchtigte Menschen waren im Publikum genossen die Musik und die Atmosphäre, und zwar ganz selbstverständlich.
Was der Pressetext behauptete, davon konnte man sich an diesem Abend überzeugen. „Auch wenn es nicht immer einfach war, hat die Band stets gewusst, wo sie hingehört: auf die Bühne und zu ihren Fans, die ihr immer treu geblieben sind.“ 45 Jahre gibt es Truck Stop jetzt schon, das ist nun wirklich ein Grund zu feiern. Im Frühjahr ist ein Jubiläumsalbum bei ihrem Label Telamo herausgekommen unter dem Titel „Das große Jubiläum“ mit allen bekannten und etwas unbekannteren Hits.
Genau am 10. März 1973 begann die legendäre Geschichte der Band: Damals sang sie noch auf englisch, spielte Country, Rock ’n‘ Roll und Blues, veröffentlichte vier Alben. Trotz diverser Fernsehauftritte, etwa im Musikladen, verkauften sich die Alben der Gruppe zunehmend schlechter, woraufhin ein Stilwechsel beschlossen wurde. Die Mitglieder der Gruppe verständigten sich auf den Schwerpunkt Country in deutscher Sprache.
Maßgebend für diesen mutigen Schritt war der legendäre Maschener Produzent Joe Menke, der als erstes mit der Band in seinem, später ja von Truck Stop besungenen, Tonstudio, ein Demo aufnahm, das mehreren Plattenfirmen präsentiert wurde. Telefunken bot der Gruppe schließlich 1973 einen Plattenvertrag an. Der Grundstein für den kometenhaften Aufstieg von Truck Stop. Eine Tochter des 2001 verstorbene Menke ist übrigens Franziska Menke, die unter dem Namen Frl. Menke zu den Stars der Neuen Deutschen Welle gehörte.
Das musikalische „Sixpack“ besteht heute aus Andreas Cisek (Leadgesang, Gitarre) Wolfgang „Teddy“ Ibing (Schlagzeug), Chris Kaufmann (Lead Gitarre), Tim Reese (Fiddle, Gitarre, Banjo, Mandoline), Uwe Lost (Bass, Gesang, Akkordeon) und Knut Bewersdorff (Gesang, Pedal Steel, Dobro, Gitarre). In dieser Formation geht Truck Stop ab November 2018 auf große Jubiläumstour und präsentiert ihre besten Songs in 20 Städten Deutschlands. Gehen Sie hin, erleben Sie den wilden, wilden Westen live!
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