Von Kristian Stemmler
Deutschland ist wieder wer und übernimmt „mehr Verantwortung“ in der Welt, wie es uns der Rostocker Pfaffe frühzeitig gepredigt hat. Das Land wird inzwischen nicht mehr nur am Hindukusch verteidigt, sondern auch in Mali und sonstwo. Angesichts dieser „Herausforderungen“ ist natürlich die deutsche NS-Vergangenheit nur im Weg. Darum kommt ein Nazi wie der Herr Höcke auch gerade recht – der Mann spricht aus, was viele denken: Lasst uns doch endlich mal in Ruhe mit diesem ganzen Scheiß, ich kann es nicht mehr hören!
Natürlich lässt es sich die offizielle Politik trotzdem nicht nehmen, ihre Erinnerungsrituale weiter durchzuziehen, wobei die von Mal zu Mal grotesker und schizophrener ausfallen. Buchholz ist da keine Ausnahme. Diesmal hat man sich offenbar komplett vergriffen. Der 27. Januar, Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, den seit seiner Einführung 1996 jedes Jahr von einer anderen Organisation oder einem anderen Verein der Nordheidestadt organisiert, wird dieses Mal von der Arge Sport umgesetzt. Und das ausgerechnet in der Otto-Koch-Kampfbahn von Buchholz 08 – benannt nach einem Mann, der im dringenden Verdacht steht, ein glühender Nazi gewesen zu sein!
Der querschläger, damals noch unter dem Namen buchholzblog, hat bereits 2012 über den Vorgang berichtet. Damals hatte ein älterer Zuhörer einer Veranstaltung in der Kirche St. Johannis beklagt, dass das Stadion von Buchholz 08 immer noch nach Otto Koch benannt ist (vorher hieß es bis 1947 übrigens Otto-Telschow-Kampfbahn nach dem berüchtigten NS-Gauleiter von Buchholz). Der Zuhörer berichtete, dass Otto Koch sein Sportlehrer gewesen sei. Als 1933 sein Vater von den Nazis verhaftet wurde, habe Koch praktisch durch ihn durch gesehen und ihn letztlich von der Schule gedrängt.
Schon nach Erscheinen des Berichts im Blog war die Reaktion gleich null. Wenn es um die NS-Vergangenheit geht, ergeht man sich zwar gern ganz allgemein in Abscheu und Entsetzen – wenn es aber um konkrete Fälle in Buchholz und dem Landkreis Harburg geht, herrscht ein Kartell des Schweigens und Vertuschens. In Buchholz und Umgebung hat es ja bekanntlich auch nie Juden gegeben, die von den Nazis verfolgt worden sind. Und dass ein Kommunist plötzlich verschwand, heißt ja gar nichts. Der ist bestimmt ausgewandert…
Besonders ekelhaft ist das Verhalten des Buchholzer Ortsverbandes der SPD. Der Autor hat in seiner Zeit als Ratsherr ein Mahnmal beantragt, auf dem namentlich zweier führender Sozialdemokraten aus Buchholz gedacht werden sollte, die von den Nazis verfolgt wurden. Statt diesen Antrag engagiert zu unterstützen, hat man sich dazu hergegeben, dieses Mahnmal so zu verwässern, dass man es ebenso gut hätte lassen können. Hervorgetan hat sich da besonders der Sozi und stellvertretende Bürgermeister Frank Piwecki.
Und das Allerbeste: Diese Leute haben sich auch noch dafür feiern lassen! Aber was soll man von einer Partei schon erwarten, die mit der Agenda 2010 das größte Verarmungsprogramm der deutschen Geschichte ins Werk gesetzt hat und eine deutsche Kriegspolitik mitträgt, die Zerstörung, Elend und Flucht in der Welt produziert. Wie man in der Linkspartei auf die Idee kommen kann, mit solchen Leuten zu koalieren, ist mir absolut schleierhaft.
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