Dass Dominosteine und Spekulatius schon im Frühherbst in den Supermärkten auftauchen, daran haben wir uns gewöhnen müssen. Auch dass wir bereits Wochen vor dem Fest mit Werbung für Tablets, Notebooks, Konsolen und anderen potenziellen Geschenken zugeballert werden, ist nicht neu. Kaum möglich, diesen Hype noch zu steigern, sollte man denken – aber die Konsumgüterindustrie findet immer noch etwas Neues, um Kasse zu machen!
In diesem Jahr soll offenbar die große Fresserei schon lange vor dem Fest eröffnet werden, frei nach dem Motto: Wir fressen durch bis Weihnachten! Deutschlands größter Discounter Aldi schickte in der vergangenen Woche Prospekte in die Haushalte, auf deren Vorderseite ein Teller mit Gänsebraten und Rotkohl abgebildet war, also ein typisches Weihnachtsessen – und das ganze drei Wochen vor dem Beginn der Adventszeit. Perverser geht’s nicht!
Im Inneren des Prospektes sind die entsprechenden Angebote zu finden, die Keule von der jungen Hafermastgans für 7,29 Euro, dazu Bio-Apfel-Rotkohl, Rösti-Ecken, Semmelknödeln und die Flasche Vino Rosso della Puglia. Natürlich gibt es auf den benachbarten Seiten Angebote für Spielzeug, Mikrowellen, Fritteusen und was man sonst so verschenken kann. Um die Stimmung abzurunden werden auch noch Räuchermännchen, LED-Acrylsterne und Teelichtpyramiden feilgeboten.
Dem Ganzen setzt ein zusätzlicher kleiner Prospekt die Krone auf, in dem Aldi unter der Überschrift „Genuss pur“ die Delikatessen seiner Marke „Freihofer Gourmet“ anpreist. Da gibt es den Sockeye Wildlachs für 3,79 Euro für 100 Gramm, die Meersalzbutter (1,99 Euro die Packung), das Wolfsbarschfilet (5,99 Euro für 400 Gramm), den Garnelenkranz (3,99 Euro die Packung) und den Brunello di Montalcino (12,99 Euro die Flasche. Zu alldem werden auch noch passende Rezepte dargeboten.
Ehrlich gesagt, mir wird speiübel, wenn ich das sehe! Hier geht es offenbar nur noch darum, dass wir uns vollstopfen und dass ein angenehmes Umfeld fürs Konsumieren geschaffen wird. Der Gänsebraten auf der Vorderseite soll sicher nicht dazu anleiten, jetzt schon das Essen für Heiligabend zu besorgen, sondern ist als Signal gedacht: Es geht los! Fangt an zu feiern! Wir sollen uns auf Weihnachtsmärkten die Kante geben, auf Betriebsfeiern die Wampe vollhauen und vor allem kaufen, kaufen, kaufen.
In dieser Gesellschaft geht es doch in Wahrheit nur noch ums Fressen, Saufen und Abfeiern, die Masse lebt besinnungslos, traditions- und geschichtsvergessen vor sich hin. Wer weiß denn noch, dass die Adventszeit ursprünglich eine Fastenzeit ist, die der Vorbereitung auf die Weihnachtszeit, der inneren Einkehr dienen soll? Und wen würde das noch interessieren?
Das Gerede über die abendländischen Werte, die unbedingt verteidigt werden müssen, ist vor diesem Hintergrund doch nur hohl und verlogen. Was soll denn da bitte verteidigt werden? Die verkaufsoffenen Sonntage? Unser unveräußerliches Recht, in den nächsten Media Markt zu laufen, um den neuesten Flachbildfernseher zu kaufen?
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