Von Kristian Stemmler
Die Lokführer streiken – und das ist gut so! Es ist zunehmend unerträglich, wie in den de facto gleichgeschalteten Medien dieses Landes auf dieser Berufsgruppe und den benachbarten, ebenfalls streikenden Berufsgruppen (Zugbegleiter etc.) herumgehackt wird, weil sie ihr grundgesetzlich verbrieftes Streikrecht wahr nehmen. Wie so oft, ist die Masse der Bevölkerung so naiv und blöd, dass sie die Argumente der Medien – und damit der Arbeitgeberlobby – ohne großen Widerstand schluckt.
Meine Kollegen in den bürgerlichen Medien wissen sehr genau, wie man die Menschen manipuliert. Um den Streik zu diskreditieren, haben Sie eine plausibel klingende Begründung in die Welt gesetzt – und die geht so: Das Ganze ist nur ein Machtkampf zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), und der Bösewicht ist GDL-Chef Claus Weselsky. Dessen Beliebtheitswerte in der Bevölkerung liegen vermutlich schon unter denen von Stalin!
Die genannte Begründung klingt so plausibel, dass sie von so gut wie jedem Medienkonsumenten nachgeplappert wird: Hallo, ich weiß was, das ist nur ein Machtkampf! Aber dieses Argument wird der Komplexität der Sache tatsächlich nicht gerecht. Denn der Anlass für den erneuten Streik ist vor allem, dass die Bahn der GDL diktieren will, sich bei der Vertretung der Zugbegleiter unter ihren Mitgliedern praktisch der EVG unterzuordnen. Sie könnte diese Berufsgruppe nicht mehr zum Streik aufrufen.
Und ist es denn ein Zufall, dass Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ausgerechnet jetzt ein Gesetz zur Tarifeinheit vorlegt, dass in der Konsequenz dazu führt, das Grundrecht auf Streik einzuschränken – und das mit der dreisten Lüge im Bundestag, das Streikrecht werde hier gar nicht tangiert. Hier ist ganz klar eine Offensive gegen Arbeitnehmerrechte zu erkennen und da kommt vielen in der Politik der Lokführerstreik schon recht.
Denn jetzt lässt sich prima Stimmung machen, gegen die egoistischen GDLer, die ein ganzes Land lahm legen und der Wirtschaft schaden. Rot angelaufene Rentner rotzen in Mikrofone, die ihnen von Fernsehreportern hingehalten werden, dass sie auf 180 sind, weil sie ihren Kegelausflug in den Harz nicht antreten können. Die Kommentatoren in den Zeitungen und den Foren des Internets haben Schaum vorm Mund. Weselsky wird bald Polizeischutz brauchen…
Wieder einmal zeigt sich, wie einfach die Menschen in diesem Land zu lenken sind. Für jeden, der seinen Verstand noch nicht an der Garderobe abgegeben hat, müsste doch zu erkennen sein, dass es hier letztlich um mehr geht: um die Rechte von Arbeitnehmern insgesamt! Jeder, der in einem abhängigen Arbeitsverhältnis steht, sollte sich das noch mal durch den Kopf gehen lassen und nicht gedankenlos nachplappern, was irgendwelche Lohnschreiber in den Redaktionen verzapfen!
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