Die schönste Zeit des Jahres? – ein Zwischenruf zur Urlaubszeit

Von Kristian Stemmler

Es ist in diesen Tagen kaum noch möglich, einen Radio- oder Fernsehsender anzuschalten, eine Tageszeitung oder Zeitschrift aufzuschlagen, ohne über mehr oder weniger sinnvolle Tipps oder Berichte zum Urlaub zu stolpern. Überall wird über „die schönste Zeit des Jahres“ gefaselt – eine hohle Phrase! Zum einen kann auch die tollste Fernreise ruckzuck zum Albtraum mutieren, wenn das Hotel nicht den Vorstellungen entspricht oder Streit in der Familie aufkommt.

Vor allem aber ignorieren die Beiträge zur Urlaubszeit in den Medien geflissentlich, dass für Millionen von Menschen eine Urlaubsreise eine reine Illusion ist. Und zwar aus einem einfachen Grund: Sie haben kein Geld dafür! Das gilt für die mehr als vier Millionen ALG-II-Empfänger, aber ebenso für viele prekär Beschäftigte, die durcharbeiten müssen, um überhaupt auf ihren Schnitt zu kommen. Wenn sie Glück haben, ist vielleicht mal eine Lidl-Pauschalreise in den Harz oder an die Ostsee für eine Woche drin, aber bestimmt nicht drei Wochen Ägypten oder ein Ferienhaus in der Provence.

Es blieb dem katholischen Pfarrer Wolfgang Beck im „Wort zum Sonntag“ vom Sonnabend vorbehalten, auf diesen Umstand hinzuweisen. „Klar, Ferien haben in diesen Wochen irgendwie alle Schüler“, erklärte er, „aber Urlaubsfahrten und das Kennenlernen fremder Länder und Kulturen bleibt trotz Billigfliegern und Pauschalangeboten das Privileg derer, die finanzielle Spielräume haben. Und sie bleiben denen vorbehalten, bei denen das Familienleben einigermaßen gut organisiert ist.“

Und der Pfarrer blieb erfreulicherweise nicht bei dieser Feststellung stehen, sondern ging weiter: „Bereits an der Frage, wie unterschiedlich die Schulferien für Kinder und Jugendliche in unserem Land aussehen können, lässt sich viel über die mangelnde Chancengleichheit für junge Menschen in unserem Land ablesen. … Es gehört zu den Märchen, dass in unserem Land nach vorne kommt, wer nur wirklich bereit ist, etwas zu leisten. Und wo von sogenannten Leistungseliten gesprochen wird, geht es dabei in der Regel nur um die zweifelhafte Leistung, zufällig in die richtige Familie geboren worden zu sein. Es gehört zu den Märchen gerade in unserem Land, dass allen jungen Menschen die größten Möglichkeiten offen stehen.“

Leider ist es selten geworden, dass eine solche Analyse so ohne Umschweife im Fernsehen vorgetragen wird – und dass ein Kirchenmann sich so kritisch zu den sozialen Verwerfungen im Lande äußert. Tatsächlich ist es ein himmelschreiender Skandal, wie ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung abgehängt und dann auch noch stigmatisiert wird. Und daran muss immer wieder erinnert werden, weil vor allem die Mittelschicht diesen Skandal zu gern verdrängen möchte.

Natürlich möchte man sich den Urlaub nicht durch Gewissensbisse versauen lassen. „Ich habe für mein Geld was geleistet“, ist die Devise, „und wer keinen Job hat, strengt sich nicht genug an.“ So einfach machen es sich viele, und das ist der Hauptgrund dafür, dass sich die soziale Spaltung immer mehr vertieft. Dass sich die Reichen in Bendestorf und Jesteburg für das „Hartz-IV-Gesindel“ nicht interessieren, liegt auf der Hand. Aber vom intellektuellen Teil der Mittelschicht darf man mehr an Analyse, Kritik und Empathie erwarten.

Der buchholz express grüßt jedenfalls hier alle, die in den Ferien daheim bleiben müssen. Lasst Euch nicht unterkriegen!

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Comments (

15

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  1. buchholzexpress

    Da sind wir unterschiedlicher Auffassung. Ich formuliere halt gern ein bisschen deftiger. Martin Luther hätte mich verstanden.

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  2. Plantin

    „In Hamburg würde das übrigens gar nicht auffallen, aber hier in der Provinz erschrecken sich viele gleich, wenn man etwas deutlicher wird.“

    Und ich finde eben nicht, dass es zur Deutlichkeit beiträgt, ganz im Gegenteil.

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  3. buchholzexpress

    Ja, bluebear, aber man kann ja immer noch als Zusteller für zehn Cent die Zustellung arbeiten oder putzen gehen…

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  4. buchholzexpress

    Der Inhalt bestimmt die Form. Es ist ein Thema, das mit Wut zu tun hat, da ist Polemik sinnvoll. In Hamburg würde das übrigens gar nicht auffallen, aber hier in der Provinz erschrecken sich viele gleich, wenn man etwas deutlicher wird.

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  5. Anonymous

    Auch ich finde den Vorschlag hervorragend und würde mich gern an der Erstellung eines „Sozialatlas“ für Buchholz beteiligen. Bereits in den 80er Jahren habe ich für Hamburger Behörden vergleichbare Untersuchungen durchgeführt

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  6. BlueBear

    Ich las in einem kommentar etwas von Leistungen des Sozialstaaates. Das sind tolle Leistungen, Hartz-4 Empfängern hinterher zu schnüffeln, schlimmer als die NSA es je gemacht hat. Konfirmationsgeschenke Jugendlicher den Eltern von den sowieso schon mickrigen Hartz 4 Beträgen abzuziehen ? Einschulungsgeschenke für 6-jährige (!) alleinerziehenden Müttern vom Hartz 4 Satz abzuziehen ? Private Altersvorsorgen müssen erst verbraucht werden, bevor es einen Pfennig gibt ? Und so gibt es tausend weiterer Beispiele „sozialer“ Leistungen des Staates. Ja, da muss eingespart werden, damit anderen wichtigen Bürgern so etwas wie die Elbphilharmonie (800 Mio ?) gebaut werden kann. Und die Konzerte dort wird sich auch die „Mittelschicht“ nicht erlauben können. Aber wahrscheinlich ist das auch wieder zu schwarz/weiß. Ich bin nur froh, dass es wenigstens einige Leute gibt, wie den Herrn Stemmler, die das auch mal auf unbequeme Weise aufzeigen. Und liebe Mittelschichtler (dazu gehöre ich wohl auch und davor habe ich ein Heidenrespekt), man kann schnell arbeitlos werden, nicht weil man zu faul ist oder in seinem Job nichts kann … sondern weil es ander „wirtschaftliche Zwänge“ gibt. Und ein Jahr Arbeitslosengeld 1 ist schnell vorbei, vor allem, wenn man über 50 ist. Und puff …
    steht man vor Hartz iV. Und einmal mit Hartz iV gebrandmarkt sind die Chancen am Arbeitsmarkt, sagen wir mal vorsichtig, nicht g a n z so gut.

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  7. Plantin

    „Ich glaub, es ist die Polemik, die vielen in dem Blog nicht schmeckt. Und dass ich immer wieder auf den sozialen Skandal zurückkomme, wirkt sicher auf manchen ermüdend. Aber es ist halt auch das gesellschaftliche Problem No. 1!“

    Ja, die Polemik ist nicht mein Ding. Sie ist es, die ich sehr ermüdend (mit „d“, danke) finde. Meiner Meinung nach steht sie der Argumentation im Weg. Schnell streitet man sich über den Stil, und weniger über die Inhalte. Wäre hier nicht weniger mehr?

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  8. buchholzexpress

    Hallo Krischan, das ist eine gute Idee? Ich werde in den Ferien eine solche Anfrage vorbereiten. Gruß Kristian

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  9. Hans-Christian Keunecke

    Hallo Leute! Sind wir schon wieder bei ARM und REICH. WIE IST ES EIGENTLICH IN BUCHHOLZ KONKRET. Weg von dem theoretischen Geschnacke !! „Herr Chefredakteur
    Stemmler “ sei er so nett und stelle er oder seine Gruppe (Grüne,SPD, PIRAT usw.) im Stadtrat eine Anfrage / Antrag über die SozialeLage in Buchholz. Mit etwa folgenden Inhaltspunkten: Anzahl, hartz 4 Empfänger (kinder,Frauen,Männer,alleinerziehende usw.)
    Genaue Auflistungen weitere sozialer Leistungen, Arbeitslose, Arbeitssuchende.Ihr seit sicher als Ratsherren im Thema drin.!!?? Wieviel Rentner mit Armutsrente gibt es? Wieviel
    „Tafeln “ gibt es, wer betreibt sie, von wieviel Leuten werden sie genutzt ?? Wie ist deren finanzielle Situation ?? Situation der Flüchtlinge, Anzahl, wieviel sollen noch kommen, sind unverantwortliche/unmenschliche Abschiebungen in Zukunft geplant.??

    Situation der Behinderten in Buchholz (Kinder , Jugendliche Erwachsene, in Schulen)
    Wieviel Behinderte Menschen in Buchholz!!??

    Gehören zum Thema auch wieviel Millionäre hat Buchholz, auch zum Thema.??!!
    Herr Rhöse als Neuer Bürgermeister und Sozialdezernent wird Euch sicherlich unterstützen.

    Ich glaube, diese Tatsachen über den Buchholzer Sozialstatus interessiert alle Buchholzerinnen, egal ob arm oder reich!!

    Und es wäre nett, wenn man bald von dem Sozialstatus hört .

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  10. buchholzexpress

    Was heißt hier schwarz-weiß?! Ich vertrete eine klare Analyse und begründe diese auch ausführlich. Dazu gehört auch die Feststellung, dass mit der Agenda 2010 der Abbau des Sozialstaates begonnen hat. Natürlich ist der Regelsatz zu wenig! Und von Schuld habe ich nicht gesprochen. Aber wer in diesem Land profitiert und wer abgehängt wird, ist ja wohl offensichtlich.

    Ich glaub, es ist die Polemik, die vielen in dem Blog nicht schmeckt. Und dass ich immer wieder auf den sozialen Skandal zurückkomme, wirkt sicher auf manchen ermüdend. Aber es ist halt auch das gesellschaftliche Problem No. 1!

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  11. Plantin

    „Welcher Sozialstaat??????“

    Das ist wieder sehr, sehr platt und jammern auf hohem Niveau. Demnach ist es wohl egal, ob man in einer freien oder einer sozialen Marktwirtschaft lebt? Ob man z. B. eine Krankenversicherung hat oder nicht? Etc.
    In diesem Blog gibt es nur schwarz oder weiß, keine Graustufen. Leistungen des Sozialstaates werden nicht anerkannt, es ist scheinbar alles schlecht oder zu wenig, und schuld haben die da oben (wer auch immer das sein mag – ach ja, „die Mittelschicht“), die ausnahmslos Urlaub auf den Seychellen machen.
    Gute Güte, was ist denn das für ein Weltbild? Ich glaube nicht, dass es der Sache dient, denn Polarisierungen verschärfen nur Feindbilder und würgen Diskussionen ab.

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  12. buchholzexpress

    Welcher Sozialstaat??????

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  13. buchholzexpress

    Hallo Dieter, danke für Deine erhellenden Ausführungen! Was den Mindestlohn angeht, gibt es offenbar tatsächlich alle möglichen Wege, ihn zu umgehen. Ich hörte von einem Gastronomen in Buchholz, der bei Vorstellungsgesprächen offen bekundet, er zahle nur 6,50, an den Mindestlohn halte er sich nicht, das interessiere ihn nicht. Und so machen es wohl viele.

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  14. Dr. Dieter Rednak

    Hallo Kristian,

    Dein kleiner „Zwischenruf“ macht wieder einmal deutlich, wie sehr wir die sozialen Unterschiede in unserem Land bereits verinnerlicht haben und sie nicht mehr wirklich wahrnehmen oder wahrnehmen wollen. So weiß man zwar, dass es Arme und Reiche gibt, glaubt aber, dass es sich dabei nur um eine Diskussion auf „hohem Niveau“ handele und lässt sich deshalb nicht seinen Anspruch auf einen alljährlichen Sommerurlaub vermiesen. Ob es sich nun um eine Reise nach Südfrankreich oder um einen erholsamen Urlaub auf den Seychellen handelt, die schönste Zeit des Jahres sieht man als seinen wohlerworbenen Besitzstand an. Und während die Einen ihr Glück in der Karibik oder wo auch immer suchen, sind die Anderen gezwungen, ihr kleines Glück aus den Mülltonnen der großen Städte zu fischen. All das, was wir gedankenlos wegwerfen, kann für Andere unter Umständen überlebenswichtig sein.

    Wer nachts durch die Hamburger Mönckebergstraße geht, der trifft unvermittelt auf sie, auf die Armen und Ausgestoßenen dieser Stadt, die vor den Eingängen der großen Warenhäuser ihr Nachtlager aufgebaut haben und in winzigen Grünanlagen ihre Notdurft verrichten. Gegen 24 Uhr werden sie von einem Kleinbus einer karitativen Einrichtung mit warmen Tee und belegten Brötchen versorgt. Mehr gewährt man ihnen nicht. Ja, die bürgerliche Moral sagt sogar, dass mehr kontraproduktiv sei, da die Bedürftigen sonst keinen Anlass mehr sehen würden, aus eigener Kraft sich hochzurappeln. Abseits dieses albernen Geschwätzes hätte zwar jeder von ihnen einen Anspruch auf eine menschen-würdige Unterkunft, doch scheitert der bereits an den notwendigen Kosten für eine kleine Wohnung. Für die Freie und Hansestadt ist es deshalb bedeutend billiger, die Armen dort zu belassen wo sie nun einmal schon sind.
    Die Hanseaten machen sich auch Gedanken darüber, Langzeitarbeitslose in Jobs zu bringen, für die die Bedürftigen nicht einmal mehr mit einem Euro pro Stunde zusätzlich bezahlt werden sollen. Schließlich bekämen sie ja ohnehin Hartz IV und seien an ein Leben in Armut gewöhnt.

    Wer als Kind das Glück gehabt hatte, in eine gutbürgerliche Familie hineingeboren worden zu sein, der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Probleme der Zukunft elegant meistern; wer aber in eine Familie geriet, die von Hartz IV leben musste, der wird wohl das Schicksal seiner Eltern teilen und später wie sie ein Leben am Rande des Existenzminimums führen müssen. Doch damit nicht genug: nicht nur die Armut, auch die gesellschaftliche Verachtung wird sein ständiges Erbe bleiben.

    War das schon immer so? Gewiss, Arme und Reiche gab es zu fast allen Zeiten. Aber so drastisch wie es heute ist, war es früher nicht.

    Vor 57 Jahren kam meine Familie bettelarm nach Hamburg. Und weil meine Brüder und ich das Glück gehabt hatten, die erste Ganztagsschule der Stadt besuchen zu dürfen, wurde schon früh in uns der Bildungshunger geweckt.
    Die Schule am Rande des Hamburger Volksparks war zwar nur eine kleine Versuchsschule, doch war damals jedem klar, dass es sich um die Schulform der Zukunft handeln müsse. Allerdings hatte niemand im Traume daran gedacht, dass weitere 50 Jahre vergehen sollten, ehe sie zur Normalschule werden konnte.
    Es heißt, dass arme Kinder in heutigen Ganztagsschulen häufig vom warmen Mittagessen ausgegrenzt würden, weil sich ihre Familien einfach nicht das Geld dafür leisten können; in unserer Schule am Hellgrundweg, in Sichtweite des Volksparkstadions, kostete die warme Mahlzeit 26 Pfennige pro Tag, d.h. ganze 13 Eurocent. Diesen Preis konnten sich damals alle leisten und keiner musste mit knurrendem Magen vor der Tür des Klassenzimmers warten, bis die gesättigten Klassenkameraden ihn oder sie hinein ließen.

    Eine Urlaubsreise war allerdings ein Luxus, den auch wir uns Ende der 50er Jahre nicht leisten konnten. Aber eine Fahrt mit der Straßenbahn und dem Vorortzug in den Sachsenwald machte uns Kinder genauso glücklich, wie eine Flugreise nach Mallorca die Kids von heute erfreut.
    Einmal pro Jahr bot die DHG (Deutsche Hilfsgemeinschaft) den Armen ihre Hilfe an. Für einen Beitrag von nur 3 Mark pro Person konnte jeder sein Kind für drei Wochen an die Nord- oder an die Ostsee schicken. Freiwillige Betreuer übernahmen hier die Erziehungsaufgaben der Eltern.

    Gern wird das Argument aus der Mottenkiste hervorgekramt, dass jeder seines Glückes Schmied sei und Derjenige, der es nicht schaffe, selbst an seiner Misere schuld sein müsse.Sie müssten halt ein wenig mehr arbeiten, dann würden auch sie es zu was bringen.

    Vor einiger Zeit stand im Magazin DER SPIEGEL der Bericht einer Hamburger Taxifahrerin, die sieben Tage pro Woche arbeite und so auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 84 Stunden komme. Doch trotz dieser Leistung bleiben ihr nach Abzug aller Kosten im Monat nicht mehr als 350 € zum Leben übrig. Ihre ständige Angst bestehe außerdem darin, sie könne einen Unfall bekommen, krank werden oder das Auto müsse für viel Geld für einige Wochen eine Werkstatt aufsuchen.
    Ein selbständiger iranischer Taxifahrer berichtete mir, dass er 3000€ pro Monat einfahre. Zum Leben bleibe ihm aber nicht einmal der Hartz IV- Regelsatz. Und da er zu stolz sei, ergänzende Leistungen gemäß ALG II zu beantragen, müsse er sich trotz einer Arbeitszeit von 300 Stunden im Monat gewaltig einschränken.

    Die Linke feiert den Mindestlohn als große Leistung und möchte ihn bedingungslos durchgesetzt wissen. Da die Taxifahrer im Schnitt aber nur einen Umsatz von 10€ pro Stunde erwirtschaften, können die kleinen Unternehmer dieser Branche ihnen weder 10€ noch 8,50€ in der Stunde bezahlen. Aus diesem Grunde gehen viele schon jetzt dazu über, ihre festen Mitarbeiter zu kündigen, so dass sie dann, wenn der Mindestlohn gesetzlich eingeführt werden muss, die alte Stammbelegschaft – ohne Einhaltung einer Kündigungs-frist – entlassen können. Fahrer, die auf 450 €-Basis arbeiten, müssten dann deren Tätigkeit übernehmen.

    Als ich das Problem dem ehemaligen wirtschaftspolitischen Sprecher der linken Bundestagsfraktion erzählt hatte und ihn fragte, wie er sich eine Lösung vorstelle, da bekam ich die überraschend ehrliche Antwort: „ Das weiß ich auch nicht.“
    Im guten Glauben etwas Richtiges zu machen, fordert man die Einführung eines Mindestlohns und begreift einfach nicht, dass dieser nach hinten losgehen kann.

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  15. Plantin

    „Natürlich möchte man sich den Urlaub nicht durch Gewissensbisse versauen lassen. „Ich habe für mein Geld was geleistet“, ist die Devise, „und wer keinen Job hat, strengt sich nicht genug an.“ So einfach machen es sich viele, und das ist der Hauptgrund dafür, dass sich die soziale Spaltung immer mehr vertieft. Dass sich die Reichen in Bendestorf und Jesteburg für das „Hartz-IV-Gesindel“ nicht interessieren, liegt auf der Hand. Aber vom intellektuellen Teil der Mittelschicht darf man mehr an Analyse, Kritik und Empathie erwarten.“

    Hm. Gute Absicht, schlechte Umsetzung? „Das Wort zum Sonntag“ war bestimmt gut (inhaltlich, rhetorisch). Zwei-Drittel des obigen Zwischenrufs hören sich ebenfalls gut an. Aber das zitierte Fazit ist dann doch sehr platt. Ich weiß nicht, ob es sich viele so einfach machen wie oben beschrieben. Das wiederholte Gegeneinander ausspielen von Arm und Reich wirkt, wenn man diesen Blog länger liest, ermüdent – erst recht, wenn wiederholt Phrasen gedroschen werden („Hartz-IV-Gesindel“? Ich kenne nur eine Person, die diesen Ausdruck benutzt, und das sind Sie, Herr Stemmler). Und warum es immer wieder „die Mittelschicht“ ist, die etwas „verdrängen“ möchte und die zu etwas aufgefordert wird, verstehe ich auch nicht so ganz. Wahrscheinlich mache ich mich unbeliebt, wenn ich darauf verweise, dass doch die Mittelschicht mit ihren Steuern den Sozialstaat trägt? Aber halt – ist „Sozialstaat“ als Begriff auch schon negativ besetzt?
    Ein „mehr an Analyse, Kritik und Emphatie“ hätte auch dem obige Zwischenruf gut getan. So wirkt es, wie geschrieben, doch etwas platt.

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