Ein Gastbeitrag von Frank Piwecki
Soll sich die Politik um ein Wettbüro in der Buchholzer Innenstadt kümmern, oder ist „Jeder seines Glückes Schmied““? Sorgen wir uns um pathologische Spieler und ihre Familien oder schauen wir indigniert zur Seite, wie die Buchholzer Verwaltung es gerade tut?
Sportwetten sind durchaus ein attraktiver Bestandteil des sportlichen Geschehens, man denke nur an die berühmten Pferdewetten, um die sich Sagen, Geschichten und Kinofilme ranken. Leider hatte aber in der Vergangenheit die Methode des Betrugs dermaßen überhand genommen, dass sich der Gesetzgeber genötigt sah, strenge Regeln und Überprüfungen durchzuführen. Pferdewetten sind daher nicht in der Lottoannahmestelle und Casino- und Livewetten nicht in der Spielhalle um die Ecke zu tätigen.
Hintergrund: Je nach Definition sind zwischen 100.00 und 600.000 Menschen in Deutschland spielsüchtig. Dabei spielt nicht der wöchentliche Lottoschein, der auch schon Sucht sein kann, eine Rolle, sondern häufig die so genannte Livewette. Dabei kann auf sportliche Wettbewerbe und dabei wieder meist auf Fußballspiele gewettet werden.
Aggressivster und in der Öffentlichkeit bekanntester Anbieter ist die Firma Tipico, mit Sitz und Genehmigung in Malta und Frankfurt/Main. Vor einigen Wochen hat Tipico in Buchholz an der Kirchenstraße eine Niederlassung eröffnet. Möglich macht dies eine komplizierte Neuregelung des sogenannten Staatsvertrages über Glücksspiel, was die alte Bundesregierung nicht zum erfolgreichen Abschluss gebracht hat, so dass sich nun jedes Bundesland selbst um die Wettbüros kümmern muss.
Eine Anfrage der Politik bei der Verwaltung der Stadt Buchholz führte zu irritierenden Antworten. Da es keine offizielle Genehmigung für diese Wettbüro gäbe, so der Erste Stadtrat Jan-Hendrik Röhse, müsse man sich ja auch nicht um Jugend- und Suchtschutz kümmern. Diese Antwort gefiel besonders gut…
Leider kann nun jeden Abend, besonders bei internationalen Fußballspielen, beobachtet werden, wie (fast nur) Männer in das Büro in der Buchholzer Innenstadt schlendern und (auch) online ihr Glück versuchen. Die wenigen Geschichten über glückliche Gewinner werden von der Vielzahl der enttäuschten Verlierer überdeckt. Online werden Gewinne kaum und wenn nur unter Vorlage vielfältiger Dokumente mit Zeitverzögerung ausgezahlt, die Vorlage von Gewinnschein, Personalausweis, sogar Meldebescheinigungen scheint Standard zu sein, um die Auszahlung zu verzögern.
In Buchholz sind inzwischen Ehen und Familien in Gefahr, weil sich Wettschulden innerhalb kürzester Zeit elementar angehäuft haben. Spielsucht gilt inzwischen als die zweitgrößte Persönlichkeitsgefährdung in Deutschland nach dem Drogenkonsum. Es kann nicht sein, dass sich die Behörden bei diesem Thema zurücklehnen, frei nach dem Motto: Wir waschen unsere Hände in Unschuld!
Frank Piwecki ist Mitglied im Buchholzer Stadtrat für die SPD
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