Von Kristian Stemmler
Im Streit um den Kunstrasenplatz an der Wiesenschule kehrt keine Ruhe ein. Ein neuer Vorfall sorgt jetzt dafür, dass die Anwohner wieder auf der Zinne sind. Ein Hockeyball, offenbar von einem Spieler von Buchholz 08 geschossen, traf auf einem angrenzenden Grundstück des Platzes ein geparktes Auto. „Wir fanden den Ball neben dem Auto. Die Motorhaube ist deutlich eingedellt, man mag sich die Wucht des Balles gar nicht vorstellen“, sagt Anwohnerin Dörte Nissen. Sie will jetzt einen Anwalt beauftragen, um Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Der Vorfall bestätigt die schlimmsten Befürchtungen der Anwohner. „Nicht lange davor haben mein 14-jähriger Sohn und ich genau in der Flugschneise Laub gefegt. Der Ball wäre genau auf Kopfhöhe gewesen…“, sagt Dörte Nissen. Sie habe schon immer Angst vor diesen Bällen gehabt. Des öfteren werde beim Hockeytraining das Tor direkt vor ihrem Garten platziert, ohne einen Ballfangzaun oder andere Schutzvorrichtungen.
Auch Anwohner Gerd Schrader, der die Klage gegen den Betrieb des Kunstrasenplatzes beim Verwaltungsgericht Lüneburg mit initiiert hat, ist entsetzt über den Vorfall mit dem Hockeyball. „Die Verantwortlichen begreifen wohl erst, wenn ein Kind getroffen wird, dass ein Hockeyplatz in einem Wohngebiet eine Gefahr darstellt“, sagt er. Seit Monaten leidet die Familie Schrader unter dem Lärm auf dem Kunstrasenplatz und den Belästigungen durch das Flutlicht. Gerd Schrader ärgert sich vor allem über den Ersten Stadtrat und Sportdezernenten Jan-Hendrik Röhse.
Schrader wirft Röhse vor, kein wirkliches Interesse daran zu haben, die Anwohner vor dem Lärm und anderen Belästigungen zu schützen. So seien seine Versuche, die Situation zu verbessern, bisher eher kontraproduktiv gewesen. „Im Frühjahr 2012 ließ er zum Beispiel eine Folie am Ballfangzaun anbringen, in der Absicht, die Anwohner vor dem Flutlicht zu schützen. Der Effekt: Nicht ein Flutlichtstrahl wurde von unseren Häusern abgehalten, aber im Sommer wäre uns die Abendsonne genommen worden“, so Schrader. Zum Glück habe die Folie sich losgerissen und sei dann entfernt worden.
Genauso sinnlos sei die Montage von Blechen an den Scheinwerfern gewesen. Sie sorgten lediglich dafür, dass im Herbst bei niedrigem Sonnenstand in seiner Wohnung unangenehme Blendwirkungen aufträten. Im Herbst 2012 habe Röhse dann mit der Schaltung des Flutlichtes experimentiert. Der Effekt sei diesmal gewesen, dass sich das Flutlicht nur auf einer Seite anschalten ließ und sich nun die doppelte Anzahl von Spielern auf der Seite austobten, auf der die meisten Anwohner leben.
Schrader wirft Röhse auch vor, gegen die auf dem Kunstrasenplatz trainierenden Vereine nicht wirklich durchzugreifen. So würden etwa Hockeyspiele immer wieder am Sonntag angesetzt, obwohl der Platz am Sonnabend ungenutzt sei. Oder sie würden als „besondere Ereignisse“ deklariert, um auch am Sonntag in der Mittagszeit spielen zu können. Vorfälle wie das Grillfest der 08-Hockeyherren am Sonntagmittag und die Tanzeinlage von 08-Tänzern am Sonntagmorgen (der blog berichtete) würden kurzerhand zu „Missverständnissen“ erklärt. Schrader: „Die Vereine haben hier doch Narrenfreiheit.“
Zuletzt stritt sich Schraders Frau Sabine mit Röhse über die Frage, was laut Sachverständigengutachten unter „Nutzungszeit“ zu verstehen ist. Für den Sportdezernenten ist das nur der reine Spielbetrieb. Für die Schraders ist das absurd. Sabine Schrader schrieb an Röhse: „Wenn die 18. Bundeslärmschutzverordnung schon das relativ geräuscharme Betreten und Verlassen des Platzes als Nutzungszeit wertet, wie kann dann ein einstündiger Einspielbetrieb keine Nutzung sein.“
Tatsächlich stellt sich die Frage, ob die Vorfälle der letzten Wochen und Monate die Position der Stadt vor Gericht stärken. Es sieht nicht so aus, als seien die Sportler, die den Kunstrasenplatz nutzen, für die heikle Situation vor Ort nachhaltig sensibilisiert worden.
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