Von Kristian Stemmler
Dieser Laden ist eine einzige Provokation. In Buchholz hat ein Geschäft eröffnet, das ausschließlich schweineteure Luxusgüter verhökert – hier geht es nur darum, dass Reiche allen zeigen können, wie viel Kohle sie haben und was für arme Schlucker wir sind. Und dieses Symbol für den obszönen Luxus, den die Oberschicht vor unseren Augen zelebriert, ist mitten hineingesetzt worden in eine eher ärmliche oder zumindest normale Umgebung, im Kabenhof zwischen Spielhalle, Budni und Penny, unweit vom Bahnhof. Die Rede ist von „viel fein [feel fine]“, laut Werbung „Das neue Format für Feinkost, Gastro und Lifestyle“, Ende April eröffnet.
Auch wenn man in dem Laden nichts kaufen will (oder kann), lohnt sich ein Besuch. Allein um mal zu sehen, was für Irrsinnspreise hier aufgerufen werden. In den massiven Holzregalen stehen zum Beispiel edle Pasta für 4,95 Euro das Pfund, ein Gläschen Rumkandis (50 Gramm) für 4,60 Euro, eine Schachtel mit Pralinen 16,95 Euro, handgemachte Schokolade 4,95 Euro die Tafel, die Flasche Prosecco 12,80 Euro und so weiter und so fort. Alles ist vom feinsten: Öle, Konfitüren, Trüffel, Gewürze, Tee, Wein, Seifen, Cremes, Dekoartikel, Lakritz, Premium-Eis, Gourmet-Popcorn.
Im Nordheide Wochenblatt wurde der Luxusladen zur Eröffnung mit zwei Anzeigenseiten (einem so genannten Kollektiv) abgefeiert. „Besonders großer Wert wird bei viel fein [feel fine] auf Frische, Qualität und Besonderheit gelegt“, harften die PR-Journalisten, „die meisten Artikel werden von ausgesuchten kleinen bis mittelgroßen Manufakturen oftmals erst auf Bestellung frisch hergestellt.“ Und sogar für die Vierbeiner sei gesorgt, „mit hochwertigem Tierfutter und besonderen Leckerli“. So kommt auch der reiche Köter zu seinem Recht.
Es kann nicht verwundern, dass sich in dem Laden hauptsächlich Yuppies, Dinks und Gilettefressen rumtreiben, dazu die eine oder andere Apothekenhelferin, die mal den Duft des reinen Luxuslebens schnuppern möchte. Natürlich kann man sich bei „viel fein“ auch zum Speisen oder Kaffeetrinken niederlassen, denn die Hackfressen der Stadt brauchen schließlich auch Treffpunkte. Der Bewirtungsteil des Geschäfts heißt selbstverständlich nicht „Bistro“ oder so, sondern wird als „Gastro-Lifestyle-Konzept Daily“ hochgejubelt. Hier kann man sich bei belegten Brötchen, Antipasti, Gebäck und kleinen Gerichten als Teil der Luxuswelt fühlen, wenn auch vielleicht nur für eine halbe Stunde.
Investor und Inhaber des neuen Ladens ist ein gewisser Michael Tölle. Die Anzeigenseiten geben keine nähere Auskunft über den Mann, auf einem Foto sitzt er bräsig zwischen seinen durchweg weiblichen Angestellten. Im Internet ist zu erfahren, dass Tölle offenbar in den letzten Jahren Geschäftsführer eines Aldi-Marktes in Seevetal war und einen weiteren Aldi-Markt in Bergedorf hochziehen wollte – was ein Treppenwitz ist! Und er wohnt natürlich in Bendestorf, der Heimat der Reichen und Schönen. Und hat mit seiner Frau Gabriele offenbar einen Jagdspaniel…
Wer sich über den polemischen Ton dieses Beitrags wundert, den kann ich nur darauf verweisen, dass Polemik, Emotionalität, von mir aus auch Wut bei diesem Thema mehr als am Platz ist. Es ist zunehmend unerträglich, wie eine kleine Schicht sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichert und ihr Luxusleben vor unser aller Augen zelebriert. Und es wundert mich zunehmend, dass sich all die Marginalisierten, die Abgehängten und Unterdrückten das gefallen lassen, dass all die Porsche Cayennes und BMW X5 unbeschädigt in der Gegend herumstehen können.
Die soziale Spaltung des Landes ist nicht ein politisches Thema unter vielen – es ist das Thema, es ist der Skandal dieser Gesellschaft!
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