Tschüs HAN!

Von Kristian Stemmler

HAN logoWenn eine Zeitung stirbt, ist das immer ein trauriger Tag – vor allem, wenn es ein so traditionsreiches Blatt betrifft wie die Harburger Anzeigen und Nachrichten, einst nach ihrem erfolgreichen Herausgeber, dem Geheimen Kommerzienrat Georg Lühman „Die Lühmannsche“ genannt, heute allgemein nur als „HAN“ bekannt. Fast auf den Tag genau 169 Jahre nach der ersten Ausgabe erschien heute die letzte Ausgabe von Hamburgs ältester Tageszeitung. Ein Rückschlag auch für die Medienvielfalt im Landkreis Harburg!

Die HAN wird eingestellt, weil sie in den letzten 15 Jahren über die Hälfte ihrer Auflage verloren hatte, zuletzt lag sie bei knapp über 12.000 verkauften Exemplaren. Ein Dutzend Redakteure, weitere Angestellte und etliche freie Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit. Anja Westheuser vom Deutschen Journalistenverband (DJV) sprach von einer „Katastrophe für die Hamburger Zeitungslandschaft“. Immerhin sei für die verbliebenen knapp 30 Mitarbeiter ein zufriedenstellender Sozialplan ausgehandelt worden, wie Stefan Endter vom DJV sagte.

Chefredakteur Joachim Peters schrieb in der letzten Ausgabe: „Wir waren stets bemüht, nicht Kritik um der Kritik willen zu üben, sondern wollten gleichzeitig immer auch mögliche Lösungswege aufzeigen, Fronten aufbrechen, Streitende möglichst versöhnen.“ Tatsächlich hat die HAN meist kenntnisreich und seriös (von Ausreißern in den Boulevardstil abgesehen) über Vorgänge im Bezirk Harburg und im gleichnamigen Landkreis berichtet.

HAN-Redakteur und Betriebsrat Carsten Weede kritisierte im NDR-Medienmagazin ZAPP, es sei „wenig getan worden, um das Blatt wieder in den Fokus zu rücken“. Einen entscheidenen Rückschlag gab es bereits 2004, als die so genannte Mantelredaktion (alle Seiten mit überregionalem Inhalt) vom „Hamburger Abendblatt“ übernommen wurde. Statt den Lokalteil zu stärken, seien 23 Redakteur entlassen worden. Weede: „Ein konsequentes Kaputtsparen.“

Im Landkreis Harburg gibt es nach dem Aus für die HAN nur noch drei ernstzunehmende Zeitungen: das Wochenblatt (in mehreren Ausgaben), die Harburger Rundschau, gemacht von einer Außenredaktion des Hamburger Abendblattes, und der Winsener Anzeiger, der in Buchholz kaum registriert wird. Als Anzeigenblatt hat das Wochenblatt dabei eine beherrschende Stellung, da es so gut wie alle Haushalte erreicht.

Leider nutzt der Wochenblatt Verlag seine Stellung immer wieder aus, um regelrechte Kampagnen zu fahren. Wie bei Boulevardzeitungen wird dabei kaum zwischen Berichterstattung und Kommentar getrennt. Nach dem Ende der HAN werden andere Informationsquellen als das Wochenblatt daher immer bedeutender – auch der buchholzblog. Für mich ist das Ansporn noch ausführlicher und genauer über Vorgänge in Buchholz und dem Landkreis zu berichten. Um eine Zeitung aufzumachen, fehlen mir leider die Mittel…

Den Kollegen von den Harburger Anzeigen und Nachrichten wünsche ich, dass sie möglichst bald wieder eine gute Arbeit finden (soweit ihnen das nicht schon gelungen ist). Für Journalisten ist es in den letzten Monaten und Jahren ja nicht gerade einfacher geworden. Alle reden gern davon, wie wichtig Qualitätsjournalismus für eine funktionierende Demokratie ist – bezahlen will man dafür nicht, jedenfalls nicht die Verleger!

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